Wird es im Tessin bald ein Kantonsspital geben? Und wenn ja, wo? In Lugano oder in Bellinzona? Dies wird in den nächsten Jahren zu den wichtigsten gesundheitspolitischen Entscheidungen in der Südschweiz gehören. Der Kanton hat seinen Planungshorizont festgelegt: ein Spitzenspital mit spezialisierten Leistungen, daneben ein Ausbildungszentrum auf Universitätsebene (Master in Medizin). Das Vorhaben ist ehrgeizig. Und so umwälzend, dass es voraussichtlich zu heftigen Diskussionen führen wird. Die regionalen Kontraste werden einmal mehr aufflammen; dies gehört zur Spitalgeschichte des Tessins. Grob gesagt durchging das öffentliche Spitalwesen im Tessin bisher zwei Phasen: Bis Anfang der achtziger Jahre bestand es aus finanziell zunehmend untragbaren städtischen Spitälern. 1982 erfolgten die Kantonalisierung und die Zusammenführung unter eine kantonale Trägerschaft, dem Ente Ospedaliero Cantonale (EOC) mit einer horizontalen Struktur aus vier Regionalspitälern in Lugano, Bellinzona, Locarno und Mendrisio, die zum Teil wiederum auf mehrere Standorte unterteilt waren. So besteht das Regionalspital in Lugano aus zwei Betrieben, dem Civico und dem Italiano.
Nun steht also die dritte Phase an, die Bildung einer vertikaleren Struktur und eines Kantonsspitals, entsprechend dem im vergangenen September vorgelegten Strategieplan 2013-2017 des EOC. Die Kantonsregierung nahm dieses Vorhaben im Januar in ihre aktualisierten Richtlinien für die Legislatur auf. Beim angestrebten, neuen Kantonsspital spricht der EOC vorsichtig von „einer oder zwei Strukturen für spezialisierte Leistungen“. Auch die Regierung legt sich nicht fest. Zurzeit wird die neue Spitalplanung noch ausgefeilt und sollte bald dem Grossen Rat vorgelegt werden. Gemäss Regierung soll „die Konzentration auf einen oder zwei Pole für medizinische Spezialleistungen und komplexe Fälle“ gefördert werden. Natürlich ist es auch eine Kostenfrage: Bis 2011 finanzierte der Kanton die Spitäler des EOC mit fast 200 Millionen Franken pro Jahr. Seit 2012, mit der neuen Spitalfinanzierung des Bundes, gibt er fast 300 Millionen Franken aus für die Leistungen in den öffentlichen Spitälern und den Privatkliniken. Tendenz steigend. Wird das Kantonsspital tatsächlich mehr Effizienz und Qualität garantieren? Und vor allem: Wird nur ein Institut eingerichtet oder werden es am Ende zwei sein? Das Derby zwischen Lugano und Bellinzona ist angepfiffen. Die Wetten laufen, und alles ist möglich: 1-0, 1-1 oder 0-1. Bellinzona hat grosse Erwartungen. Lugano zittert.
Marina Masoni
Articolo apparso sulla NZZ am Sonntag del 9 febbraio 2014
14 febbraio 2014
Pubblicato il: 14/02/2014