Kürzlich hat der Ständerat die Volksinitiative der Linken, der Grünen und der EVP mit dem Namen «Millionen- Erbschaften besteuern für unsere AHV» an die Kommission für Wirtschaft und Abgaben zurückgewiesen. Die Initiative fordert die Einführung einer eidgenössischen Erbschafts-und Schenkungssteuer mit einem Einheitssatz von 20 Prozent oberhalb eines Freibetrags von zwei Millionen Franken. Auch Schenkungen von mehr als 20 000 Franken pro Jahr wären betroffen. Von der Steuer ausgeschlossen wären nur Erbschaften oder Schenkungen zugunsten des Ehepartners oder des registrierten Partners sowie von steuerbefreiten juristischen Personen.
Die Ständeräte bezweifelten die Gültigkeit der Initiative, sowohl wegen deren Rückwirkung (betroffen wären Erbschaften und Schenkungen ab 1. Januar 2012) als auch wegen der vermutlich fehlenden Einheit der Materie (die Initiative vermischt steuer- und sozialpolitische Normen). Die Bundesversammlung wird aber eine Abstimmung kaum verhindern, auch wenn die rechtlichen Bedenken gerechtfertigt sind und das Verbot der Rückwirkung ist ein Grundprinzip ist. Im Zweifelsfall überwiegt in der Praxis das Recht des Volkes, seinen Willen kundzutun.
Neben der Verletzung des Rückwirkungsverbots gibt es in einem liberalen Staatsmodell weitere grundsätzliche Bedenken gegen die Erbschafts- und Schenkungssteuer als solche, wenigstens bei den nächsten Verwandten. Eine Erbschafts- und Schenkungssteuer mit einem so hohen Satz wäre ein eigentlicher Angriff auf das Recht auf Eigentum. Umso mehr, als Einkommen und Vermögen bereits besteuert sind. Doch abgesehen davon liegt der negativste Aspekt der Initiative in ihrer zentralistischen und antiföderalistischen Ausrichtung. Die Kompetenzen der Kantone würden missachtet und vernichtet durch eine Steuer, die wie eine Strassenwalze durchs Land fahren würde. Alle Reformen in Steuerbelangen, welche die Kantone mit Rücksicht auf ihre Besonderheiten umgesetzt haben, würden plattgedrückt werden. Im Tessin gab es zwei Reformen des Erbschafts- und Schenkungsrechtes: 1995 wurden von dieser sozialistischen und wenig liberalen Steuer die Ehepartner ausgenommen; 2000 die direkten Vor- und Nachfahren (letztere durch Volksentscheid). Steuern, die so direkt auf die Rechte des Steuerzahlers abzielen (wie etwa jenes auf Eigentum), müssen im Kompetenzbereich der Kantone bleiben und dem Willen des eigenen Volkes überlassen, aber keinesfalls dem Zentralstaat übertragen werden. Wollen wir den kompetitiven Steuerföderalismus als Wohlstandsmotor unseres Landes verteidigen?
Marina Masoni
Articolo apparso sulla NZZ am Sonntag il 29 giugno 2014
Pubblicato il: 04/07/2014