Die ganze Welt bewundert Mario Botta, jedoch im Tessin teilt er die Geister. Vielleicht ist dies das Schicksal aller kreativen, künstlerischen und innovativen Köpfe. Der Architekt aus Mendrisio ist Kind der grossen architektonischen Tradition des Tessins, konnte diese jedoch modernisieren und hat den Mut, öffentlich Stellung zu beziehen, auch zu aktuellen politischen Fragen. Er ist kein Intellektueller im Elfenbeinturm. Und das stört manche.
Nun steht wieder eines seiner neuen Projekte im Zentrum der Polemik und wird in den Medien ausgeschlachtet: das Projekt für das neue Eishockeystadion des HC Ambrì Piotta in der Gemeinde Quinto. Die Aktiengesellschaft Valascia Immobiliare als Bauherrin hat Mario Botta das Mandat ohne öffentliche Ausschreibung direkt erteilt. Grund dafür war die von der Liga vorgegebene knappe Frist für den Neubau des Stadions bis September 2018. Da die Auftraggeberin eine Privatgesellschaft ist, ist eine öffentliche Ausschreibung nicht erforderlich. Umso mehr, als die Gesellschaft laut Ambrì- Piotta-Präsident Filippo Lombardi auf die Subventionen für die Projektkosten verzichtet hat. Das Honorar des Architekten Mario Botta wird vollumfänglich durch Private finanziert, ohne öffentliche Hilfe. Trotzdem will die Kritik nicht abklingen. Und die starke Polarisierung des Tessiner Publikums zwischen dem HC Ambrì Piotta und dem HC Lugano macht es nicht besser. Bereits gehen Gerüchte um über ein Referendum gegen die öffentlichen Subventionen von 10,8 Millionen Franken von Kanton und Bund (plus weitere 6 Millionen von der Regionalpolitik und aus dem Sporttoto- Fonds) an die Gesamtkosten von 45 Millionen Franken für die ganze Anlage, die auch eine Sporthalle, Geschäfte, Büros und ein Restaurant vorsieht (ohne diese würde das Projekt 35 Millionen kosten). Hätte Ambrì Piotta einen unbekannten
Architekten ausgesucht, wäre wahrscheinlich nichts passiert. Zwistigkeiten über Projekte von Mario Botta sind üblich, seit der Kirche von Mogno im Maggiatal und dem grossen Zelt von 1991 anlässlich der
700-Jahr-Feier der Eidgenossenschaft. Es bleibt zu hoffen, dass das Tessin heute eine weitere Schlammschlacht anlässlich der neuen Valascia vermeidet: Der Kampf soll auf dem Eis stattfinden, zwischen den beiden grossen Tessiner Teams, nicht ausserhalb. Damit der sportliche Wettbewerb auch in Zukunft weiterleben kann, braucht es ein neues Eisstadion. Und wenn dieses die Unterschrift von Mario Botta trägt, wird es zudem eine weitere Visitenkarte für das ganze Tessin sein.

Marina Masoni
Articolo apparso sulla NZZ am Sonntag il 22 Febbraio 2015

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Pubblicato il: 27/02/2015