In der globalisierten Welt ist die Förderung der kulturellen Dimension besonders wichtig. Nicht, um sich in einer schützenden und beruhigenden Identität zu verkriechen, sondern um besser für die in den vergangenen Jahrzehnten rasant zunehmende Auseinandersetzung mit den anderen Realitäten und deren verschiedenen Kulturen gerüstet zu sein. Diese Aufgabe wird sowohl von den Privaten als auch von der öffentlichen Hand wahrgenommen, wobei ein Höchstmass an Freiheit und Pluralismus zu gewährleisten sind. Kulturelle Kreativität bedarf offener Horizonte, weit ab von Konformismus, einheitlichem Denken, politisch korrekten Dogmen, besonders in einem föderalistischen Land wie dem unseren, in dem Gemeinschaften mit unterschiedlichen Kulturen und Sprachen zusammen leben.
Was tut das Tessin, das nach vielen Versuchen erst 1996 Universitätskanton geworden ist? Private, Stiftungen und Gesellschaften schaffen und leben viel Kultur. Der Staat – Kanton und Gemeinden – handelt dabei selbst oder unterstützt die Initiativen Dritter. Der kulturelle Elan ist gross und weit verbreitet, obwohl das Tessin manchmal ein anderes Image abgibt. So vermochte die Region italienischer Sprache und Kultur trotz des Teilrückzugs der SSR ein echtes Symphonieorchester zu erhalten, das Orchestra della Svizzera Italiana.
Zurzeit wird an zwei zukunftsträchtigen Projekten gearbeitet: der neue Kulturpol in Lugano mit dem LAC (Lugano Arte e Cultura) und das Kinohaus in Locarno, in dem das internationale Filmfestival und dessen Sitz untergebracht werden soll. Das LAC kann, in den richtigen Proportionen gesehen, mit dem KKL Luzern verglichen werden. Die Arbeiten kommen gut voran, die Eröffnung ist für 2015 vorgesehen. Die Casa del cinema soll nicht nur dem Festival dienen, sondern auch ein Kompetenzzentrum für audiovisuelle Kultur werden und mit den wichtigsten kulturellen Einrichtungen in der italienischen Schweiz und auf internationaler Ebene zusammen arbeiten. Deren Inhalte werden zurzeit unter der Leitung von Marco Müller, dem anerkannten früheren Festivalleiter, definiert. Die Eröffnung ist für 2016 geplant.
Im gleichen Jahr soll der neue Basistunnel am Gotthard in Betrieb genommen werden. Das Tessin der Kultur mit seinen neuen Projekten wird damit noch näher an die anderen Schweizer Kulturen rücken. Es wird ein Tessin sein, das sich noch weiter für den Dialog und den kulturellen Austausch gegen Süden und Norden öffnen und noch besser in der Lage sein wird, dank seiner Eigenartigkeit seinen Beitrag an das kulturelle Wachstum der Schweiz zu leisten.
MM /17.12.2013
Articolo apparso sulla NZZ am Sonntag il 29 dicembre 2013
Pubblicato il: 07/01/2014