Die Signale, die der Immobilienmarkt aussendet, sind wenig ermutigend. Seit mindestens zwei Jahren warnt die Schweizerische Nationalbank vor dem übertriebenen Wertanstieg von Häusern und Land und dem damit verbundenen Risiko eines Preissturzes. Im Tessin hat bereits eine Alarmglocke geläutet. Im ersten Quartal dieses Jahres sind Anzahl und Wert der Immobilienkäufe gegenüber demselben Zeitraum im Jahre 2013 stark zurückgegangen. Das kantonale Amt für Statistik meldet bei der Anzahl der Transaktionen ein Minus von 20,7 Prozent, bei deren Gesamtwert ein Minus von 21,7 Prozent.
2013 war noch ein prickelndes Jahr für den Immobilienmarkt im Tessin: Die Käufe von Stockwerkeigentum, Häusern und nicht bebautem Land hatten erstmals den Wert von 4 Milliarden Franken überschritten. Die Entwicklung in den letzten 10 Jahren war insgesamt eindrücklich. Während die Zahl der Transaktionen pro Jahr fast gleich blieb – 2003 waren es 5153, zehn Jahre später 5207 Transaktionen –, hat sich der Gesamtwert im selben Zeitraum beinahe verdoppelt: von 2,3 auf 4,1 Milliarden Franken. Zweifellos lässt sich hier von einer Überhitzung des Marktes sprechen. Zu Beginn dieses Jahres zeigt sich eine Zäsur. Der Einbruch ist beträchtlich und auch bedeutend. Nun bleibt abzuwarten, ob er weitere Schritte in dieselbe Richtung nach sich ziehen wird. Die Alarmglocke hat jedenfalls, wie gesagt, bereits geläutet. Und wir erinnern uns an das, was vor einem Vierteljahrhundert geschah, als die Schweiz einen regelrechten Einsturz des Immobilienmarktes erlebte. In der zweiten Hälfte der achtziger Jahre hatte er sich zuerst in ungeahnte Höhen hochgeschraubt und 1989 im Tessin einen Wert von 3,7 Milliarden erreicht. Im folgenden Jahr fiel er auf 1,6 Milliarden Franken, und dies bei einem Rückgang der Transaktionen um 39 Prozent.
Heute präsentiert sich die Lage anders. Aber womöglich sind die Tücken nur umso grösser. Die historisch tiefen Zinsen haben die Aktivitäten befeuert. Viele Familien haben Wohneigentum erworben, viele grosse Investitionen in gigantische Bauprojekte wurden getätigt. Die Banken scheinen stark exponiert. Darum hat die Schweizerische Nationalbank die Aufmerksamkeit mehrmals auf die besorgniserregende Marktentwicklung gelenkt. Sollte die Blase wirklich platzen, wären die Folgen verheerend: für die Banken, für die Familien, für viele Unternehmen. Und auch für die Baufirmen: Gerade im Tessin macht die Baubranche über zehn Prozent der kantonalen Wirtschaftsleistung aus und stellt damit einen wichtigen Wirtschaftszweig dar. Es gibt gute Gründe, ernsthaft besorgt zu sein.
Marina Masoni
Articolo apparso sulla NZZ am Sonntag il 13.07.2014
Pubblicato il: 18/07/2014