Die Universität der italienischen Schweiz (USI) feiert ihren zwanzigsten Geburtstag. Am 21. Oktober 1996 wurde in den Räumen des umgebauten ehemaligen Civico-Spitals von Lugano das erste Semester eingeläutet. Dreihundert Studierende verteilten sich damals auf drei Fakultäten: Wirtschaft, Kommunikation und Architektur (Letztgenannte in Mendrisio). Ein langjähriger Traum und ein starkes Projekt wurden Wirklichkeit. Mit nur einer Gegenstimme hatte der Tessiner Grosse Rat das Universitätsgesetz am 3. Oktober 1995 verabschiedet. Heute sind Lugano und Mendrisio Universitätsstädte, das Tessin ist ein Universitätskanton. Für die Jungen ist dies selbstverständlich, doch für die Protagonisten und Zeugen des mühsamen Wegs zur Universität ist es eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte.
Bereits in den achtziger Jahren hatte das Tessin versucht, ein Universitätszentrum der italienischen Schweiz für Nachdiplomstudien einzurichten. Regierung und Parlament stimmten dafür, doch das Volk blieb skeptisch, viele befürchteten eine Kathedrale in der Wüste. Es kam zum Referendum, und 1986 fiel das Vorhaben an der Urne durch. Das Thema blieb für eine Weile tabu. Dann aber holte der damalige Staatsrat Giuseppe Buffi das Dossier aus der Versenkung hervor und erarbeitete sich mit viel Geduld und politischem Scharfsinn den nötigen Konsens, auch dank Mario Bottas innovativer und zukunftsträchtiger Architekturakademie. Die Stadt Lugano leistete mit einem überzeugenden Projekt für die Fakultäten Wirtschaft und Kommunikation einen entscheidenden Beitrag. Der heutige Staatssekretär für Bildung, Forschung und Innovation Mauro Dell’Ambrogio erarbeitete einen modernen und schlanken Entwurf für ein Universitätsgesetz, das den Instituten weitgehende Autonomien einräumte.
Natürlich fehlte es nicht an Kritik, an Vorbehalten und Widerstand, doch am Ende standen Volk und Politik fast ausnahmslos hinter dem Vorhaben. Allein dies ist eine politische Glanzleistung. Umso mehr, als die italienische Schweiz von Bern keine Garantien für die eidgenössische Anerkennung erhielt. Das Tessin handelte im Alleingang und «schenkte der Schweiz» (so die Worte von Giuseppe Buffi) dieses Projekt. Die Anerkennung erfolgte erst im Nachhinein.
Die USI ist der Beweis für ein innovatives und offenes Tessin. Ohne die Universität wäre die Neulancierung des Tessins in der Mitte der neunziger Jahre wahrscheinlich viel weniger dynamisch verlaufen. Wenn wir uns heute auf dieses Ereignis zurückbesinnen, kann uns das wichtige Impulse für die Zukunft geben.

Marina Masoni / Articolo apparso sulla NZZ am Sonntag il 16 ottobe 2016

Pubblicato il: 21/10/2016